„Stellen Sie sich mal vor, Sie würden eines Tages aufwachen und wüssten nicht mehr, wer Sie sind. Paff, einfach alles weg – wie würde es Ihnen da gehen? Oder besser: was würden Sie tun?“
Diese und andere Fragen wurden in der Aufführung des neuen Stücks der Theater-AG am 18.7.2025 mal herrlich absurd und mal auf tiefgründig-berührende Art beantwortet.
Zunächst ist es dunkel auf der Bühne. Dann erkennt man einen Zug, der auf mehrere Stellwände projiziert wird und sich langsam in Bewegung setzt. Die Leinwände bewegen sich nach vorne, bleiben am Bühnenrand stehen und hinter ihnen kommen schemenhafte Figuren in weißen Malerkitteln zum Vorschein. Der Aufzug wird abrupt beendet, als plötzlich ein herrenloser Koffer zum Vorschein kommt. Die Mehrheit dieser Figuren wendet sich ab und scheint unbeteiligt, doch eine Person wagt sich aus der Anonymität, lüftet den eigenen Kittel und befragt mithilfe ihres Handys Chat GPT, was man in einem solchen Fall eigentlich tun sollte, was die eigentliche Handlung in Gang setzt.
Der herrenlose Koffer sowie dessen Inhalt spielen eine tragende Rolle in dem Stück, sie verknüpfen die scheinbar unzusammenhängenden Szenen miteinander. Schnell wird dem Zuschauenden klar, dass es sich hier weniger um eine stringente Handlungsabfolge als um mehrere Möglichkeiten handelt, wie man mit dem Kofferszenario umgehen könnte. Dabei werden die schemenhaften Figuren immer mehr zu eigenständig handelnden Figuren, die sich auf unterschiedliche Weise mit der Frage nach der Identität des Besitzers oder der Besitzerin des Koffers auseinandersetzen beziehungsweise zu jeweils anderen Schlussfolgerungen gelangen. Von der Option einer Mörderin auf der Flucht, eines feministischen Models in Paris, einer Amnesie über Postkarten ohne Adressat mit den Initialen SF versehen, ist alles dabei. Die SchülerInnen auf der Bühne lösen dabei eine Vielfalt an Emotionen beim Publikum aus: mal ist es herrlich absurd und lustig und mal tiefgründig berührend. Demensprechend ist es schwer, das selbstgeschriebene Stück einem bestimmten Genre zuzuweisen. Die Vielfalt spiegelt sich ebenso in den eingesetzten theatralen Mitteln wider: neben primären Mitteln kommen auch sekundäre zum Einsatz wie etwa eine Stimme aus dem Off oder auch Freeze-Szenen in Kombination mit von KI erstellten Projektionen.
Die auf der Bühne stattfindende Suche nach der Identität einer fremden Person wirft ebenso die Frage nach der eigenen auf. Mit eben dieser Frage haben sich die SchülerInnen der Theater AG der Helene-Lange-Schule Mannheim unter der Leitung der Lehrkräfte Bianca Pichl und Freya Scheib, die sich aus 11.-, 12.-und 13. KlässlerInnen des Beruflichen Gymnasiums zusammensetzt, während der Stückerarbeitung intensiv auseinandergesetzt. Somit ist das Stück sehr persönlich und die SchülerInnen spielten die Rollen umso überzeugender, da sie viel Eigenes einbringen konnten und den Prozess von Anfang an eigenständig mitgestalteten.
In der letzten Szene wird es dann wieder dunkel auf der Bühne. Alle sitzen im Zug. Eine durchsichtige Malerfolie, mit der sich die Figuren bedecken, erweckt den Eindruck eines Filters, der alles verschwommen erscheinen lässt. Die Figuren fragen sich, welche Logik eigentlich hinter all dem steckt und welche Rolle sie in diesem Szenario eigentlich spielen. Dann geht das Licht wieder an, der Zielbahnhof Mannheim ist erreicht, alle verlassen den Zug – der Koffer bleibt erneut verlassen zurück. Diesmal entdeckt ihn die Schaffnerin und findet in ihm ein Buch mit dem Titel „Traumdeutung“ von Sigmund Freud – war also alles nur ein Traum? Der Schluss bleibt für den Zuschauenden bedeutungsoffen, verweist aber nochmals mit einem Augenzwinkern auf den selbstgewählten Titel des Stücks „Entitäten – die vierte Instanz“. Was es also mit der vierten Instanz auf sich hat, muss letztlich jeder und jede für sich selbst entscheiden. Insgesamt war es ein sehr gelungenes und kurzweiliges Stück, das es geschafft hat, durch existentielle Fragestellungen Menschen jeder Altersgruppen anzusprechen.
Es spielten:
Lena Bajic, Elif Cosman, Annika Fürle, Charlotte Gottselig, Valentino Apollo Heller, Sumandeep Kaur, Lena Stuhlfauth, Elise Stoll, Dilara Kumru Tanis
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